Vorsteuerabzug im Umsatzsteuerrecht

Wann bin ich zum Vorsteuerabzug berechtigt?

Die Umsatzsteuer ist eine der wichtigsten Steuerarten in Deutschland. Sie betrifft sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen und hat einen erheblichen Einfluss auf die finanzielle Situation. Für Unternehmen stellt der Vorsteuerabzug eine Möglichkeit dar, die finanzielle Belastung durch die Umsatzsteuer zu verringern. Der Vorsteuerabzug dient grundlegend dazu, dass der unternehmerische Einsatz von Gütern und Dienstleistungen nicht endgültig mit Umsatzsteuer belastet wird. Das bedeutet, dass die Umsatzsteuer letztendlich nur den Endverbraucher trifft und nicht den Unternehmer selbst. Der Vorsteuerabzug neutralisiert daher die Umsatzsteuerbelastung für Güter und Dienstleistungen. Es ist wichtig zu beachten, dass Nichtunternehmer grundsätzlich von der Steuerbelastung betroffen sind.

Der Begriff „Vorsteuer“ bezieht sich auf die Umsatzsteuer, die einem Unternehmer von einem anderen Unternehmer in Rechnung gestellt wird, für die von ihm erbrachte Leistung. In Deutschland ist der Vorsteuerabzug im Umsatzsteuergesetz (§ 15 UStG) geregelt. Aber was genau bedeutet der Vorsteuerabzug und unter welchen Voraussetzungen hat man Anspruch darauf?

Voraussetzungen

Der Vorsteuerabzug ermöglicht es Unternehmen, die Umsatzsteuer, die sie beim Einkauf von Waren oder Dienstleistungen gezahlt haben, von der Umsatzsteuerschuld abzuziehen. Damit wird die Umsatzsteuer nur auf den Nettowert der erbrachten Leistungen berechnet, was zu einer Verringerung der finanziellen Belastung führt. Um jedoch zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.

Unternehmerstatus

Zunächst einmal muss das Unternehmen als Unternehmen im Sinne des Umsatzsteuergesetzes gelten. Das bedeutet, dass das Unternehmen eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, die auf Dauer angelegt ist und Gewinn erzielen soll. Privatpersonen, die gelegentlich und ohne Gewinnerzielungsabsicht Waren oder Dienstleistungen erwerben, sind nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Steuerpflichtige Umsätze

Der Vorsteuerabzug ist nur für steuerpflichtige Umsätze möglich. Das bedeutet, dass die erworbenen Waren oder Dienstleistungen für die Ausführung von Umsätzen verwendet werden müssen, die der Umsatzsteuer unterliegen. Wenn ein Unternehmen beispielsweise sowohl steuerpflichtige als auch steuerfreie Umsätze erzielt, kann der Vorsteuerabzug nur für die steuerpflichtigen Umsätze geltend gemacht werden.

Ordnungsgemäße Rechnungen

Um den Vorsteuerabzug geltend zu machen, muss das Unternehmen über ordnungsgemäße Rechnungen verfügen. Eine ordnungsgemäße Rechnung enthält verschiedene Pflichtangaben, wie zum Beispiel den vollständigen Namen und die Anschrift des leistenden Unternehmers, das Ausstellungsdatum, eine fortlaufende Rechnungsnummer, die Menge und Art der gelieferten Waren oder erbrachten Dienstleistungen, den Netto- und den Bruttobetrag sowie den ausgewiesenen Steuerbetrag. Ohne eine ordnungsgemäße Rechnung ist der Vorsteuerabzug nicht möglich.

Erforderliche Dokumentation

Unternehmen müssen die Vorsteuerbeträge dokumentieren, die sie geltend machen möchten. Dazu gehören neben den Rechnungen auch die entsprechenden Kontoauszüge oder Buchungsbelege. Eine sorgfältige Dokumentation ist wichtig, um im Falle einer Betriebsprüfung die Berechtigung zum Vorsteuerabzug nachweisen zu können.

Besonderheiten

Darüber hinaus gibt es einige Ausnahmen und Besonderheiten, die beim Vorsteuerabzug zu beachten sind:

Kleinunternehmerregelung

Unternehmen, die unter die Kleinunternehmerregelung fallen, sind von der Umsatzsteuer befreit und können daher keinen Vorsteuerabzug geltend machen. Diese Regelung gilt für Unternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 22.000 Euro (ab 2020) bzw. 50.000 Euro (im laufenden Jahr).

Gemischt genutzte Gegenstände

Wenn ein Unternehmen Gegenstände sowohl für steuerpflichtige als auch für steuerfreie Umsätze verwendet, muss der Vorsteuerabzug entsprechend aufgeteilt werden. Es ist notwendig, eine sachgerechte und nachvollziehbare Aufteilung vorzunehmen, um nur den auf die steuerpflichtigen Umsätze entfallenden Vorsteuerbetrag geltend zu machen.

Auch bei der privaten Nutzung muss der Vorsteuerabzug entsprechen aufgeteilt werden. Gerade bei Firmenfahrzeugen, die auch privat genutzt werden, gibt es einige Dinge zu berücksichtigen.

Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens

Bei Wirtschaftsgütern, die dauernd dem Unternehmen dienen aber gemischt genutzt werden, besteht ab einer betrieblichen Nutzung über 10 % ein Zuordnungswahlrecht. Unter 10 % betrieblicher Nutzung ist eine Zuordnung in das Privatvermögen zwingend.  Darüber hinaus kann das Wirtschaftsgut entweder vollkommen betrieblich oder privat oder entsprechend der anteiligen Nutzung zugeordnet werden. Sollten es vollumfänglich betrieblich zugeordnet werden, ist zu beachten, dass der private Nutzungsanteil als Entnahme zu versteuern ist. Es muss die vollständige Zurechnung hinreichend dokumentiert werden.

Durch einen zunächst vollständigen Vorsteuerabzug und zeitanteiliger Entnahmebesteuerung der privaten Nutzung können Sie sich erhebliche Liquidationsvorteile verschaffen. Es kann daher vorteilhaft sein, zunächst den vollen Vorsteuerabzug zu erklären.

Nutzungsänderung oder Verkauf

Bei einer Änderung der Nutzung oder dem Verkauf des Wirtschaftsguts, bei dem zuvor ein Vorsteuerabzug vorgenommen wurde, kann es hierbei zu einer Anpassung des Vorsteuerabzugs kommen. In solchen Fällen muss eine Umsatzsteuerberichtigung vorgenommen werden.

Innergemeinschaftlicher Erwerb

Beim Erwerb von Waren aus anderen EU-Ländern kann ein Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls zum Vorsteuerabzug berechtigt sein. Hierbei ist zu beachten, dass bestimmte Nachweispflichten erfüllt werden müssen, wie zum Beispiel die Vorlage einer gültigen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Lieferanten.

Vorsteuerpauschalierung

Für bestimmte Branchen, wie beispielsweise die Land- und Forstwirtschaft, besteht die Möglichkeit, die Vorsteuer pauschal zu ermitteln. Hierbei wird die Vorsteuer nicht auf Grundlage der tatsächlichen Eingangsrechnungen berechnet, sondern anhand von Pauschalsätzen. Diese Pauschalierung kann eine Vereinfachung darstellen, erfordert jedoch die Beachtung spezifischer Voraussetzungen.

Fazit

Zusammenfassend kann man sagen, dass man zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, wenn man steuerpflichtige Umsätze tätigt und die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt. Dazu gehören unter anderem die betriebliche Nutzung der Gegenstände und betrieblich veranlasste Ausgaben für das Unternehmen, das Vorhandensein einer ordnungsgemäßen Rechnung sowie die Abgabe einer korrekten Umsatzsteuervoranmeldung. Es ist jedoch wichtig, die spezifischen Regelungen und Ausnahmen zu beachten, um den Vorsteuerabzug korrekt zu handhaben.

Der Vorsteuerabzug kann für Unternehmen und Selbstständige einen erheblichen finanziellen Vorteil darstellen, da die zu zahlende Umsatzsteuerlast reduziert wird. Es ist daher ratsam, sich über die aktuellen gesetzlichen Bestimmungen und Regelungen zu informieren und bei Unsicherheiten einen Steuerberater hinzuzuziehen. Eine ordnungsgemäße Buchführung und Dokumentation der Einkäufe und Ausgaben ist dabei unerlässlich, um den Vorsteuerabzug korrekt zu beantragen und mögliche Probleme spätestens bei einer Betriebsprüfung zu vermeiden.

Weiter Fragen zum Thema Vorsteuer? Buche hier ein Termin mit der zuständigen Sachbearbeiterin.

Beitrag teilen

Weitere Blogartikel

Es ist nicht alles Gold was glänzt Teil 2

Heute knüpfe ich an meinen letzten persönlichen Blog „Es ist nicht alles Gold was glänzt an. 

Das Thema dieses Artikels ist ein Herzensthema von mir: Familienunternehmen. 

Die Geschichte unseres Unternehmens begann 1995, mit dem Mut meiner Mutter, das Finanzamt, nach 28 Jahren zu verlassen und sich mit 0 Mandanten und 0 Mitarbeitern in meinem Elternhaus im alten Spielzimmer meines Bruders und mir, als Steuerberaterin selbstständig zu machen. Ihre Motivation war es in „es anders“ zu machen wie die Steuerkanzleien, die sie als Betriebsprüferin im Außendienst oft gesehen hat. Sie dachte: „Das kann ich besser!“

Weiterlesen

Ein Fest für alle

Herzlich Willkommen zu meinem ersten Blogbeitrag! Ich heiße Marie und ich bin die erste Jahrespraktikantin in unserer Kanzlei. Seit Anfang August darf ich nun dieses großartige Team begleiten und unterstützen. Ich werde nun zukünftig in den Social-Media-Kanälen immer mit unterstützen oder sogar wie jetzt mal einen Blog selbst übernehmen! Ich freue mich sehr über das mir entgegengebrachte Vertrauen.
In diesem Blogbeitrag schreibe ich über unser diesjähriges Hoffest!

Weiterlesen

Mehr als nur Vermietung

Immobilieninvestitionen sind in Deutschland nach wie vor eine beliebte Möglichkeit, langfristige Vermögenswerte aufzubauen und Einkommen zu generieren. Eine interessante Möglichkeit, in diesem Bereich zu investieren, besteht darin, eine Immobilien-Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) zu gründen oder zu erwerben. In diesem Blogbeitrag werden wir die verschiedenen Aspekte einer Immobilien-GmbH beleuchten, insbesondere die steuerlichen Vorteile und Chancen, die sie bietet.

Weiterlesen

News Kategorien

wolf-und-wolf